Was ist Zucht, was ist sie nicht?

Honigbienen werden seit Jahrtausenden von Menschen zur Erzeugung von Honig Wachs und anderen Bienenprodukten gehalten. Seit dieser Zeit selektiert der Mensch bewusst oder unbewusst bestimmte Eigenschaften wie Vermehrungsrate (Schwarmverhalten), Ertrag (Honigleistung) und Zahmheit (Sanftmut) in die eine oder andere Richtung. Eine solche gezielte und geplante Änderung genetischer angelegter Merkmale in einer Population bezeichnet man als Zucht. Im üblichen Sprachgebrauch bezeichnet man auch die Haltung von Bienen und die Vermehrung von Königinnen als Zucht (Bienenzucht, Königinnenzucht). Das ist eigentlich nicht korrekt.

Zuchtbetriebe, Vermehrungsbetriebe, Produktionsbetriebe

Zuchtbetriebe verbessern die erblichen Qualitätsmerkmale der Königinnen. Vermehrungsbetriebe verwenden Königinnen aus Zuchtbetrieben für die Bereitstellung von Jungköniginnen. Produktionsbetriebe halten Bienen zur Erzeugung von Honig und anderen Produkten. Die Zusammenarbeit aller Stufen ist wichtig für den Erhalt der Produktivität in der Imkerei.

Was sind die Aufgaben der Tierzucht, was sind sie nicht?

Die Aufgabe der Zucht ist die Erhaltung bzw. Steigerung der Effizienz in der Erzeugung von tierischen Produkten sowie die Erhaltung bzw. Verbesserung der Produktqualität für die Verarbeitung und die menschliche Ernährung unter Berücksichtigung verhaltensbezogener und tiergesundheitlicher Aspekte. In dieser allgemeinen Definition sind die drei wesentlichen Ziele der Königinnenzucht genannt:

  • Steigerung der Effizienz der Honigleistung: Leistungsstarke Bienenvölker sind wirtschaftlicher, weil man mit ihnen das Kilo Honig günstiger produzieren kann. Diese Effizienzsteigerung darf aber nicht zu Lasten der Bienengesundheit gehen.
  • Verbesserung der Produktqualität: Senkung des Bedarfes an Tierarzneimitteln gegen die Varroa-Milbe durch Selektion von Toleranzeigenschaften gegen diesen Parasiten.
  • Berücksichtigung verhaltensbezogener Aspekte: Die Zuchtziele müssen so gewählt sein, dass die Bienen ihre arttypischen Verhaltensweisen ausleben können, etwa die Durchführung hygienischer Maßnahmen.
Was kann Tierzucht, was kann sie nicht?

Was man durch kontinuierliches Züchten erreichen kann, sehen sie anhand von einigen Beispielen aus verschiedenen Sparten der Tierzucht. Die Erfolge, die in wenigen Generationen erreicht wurden, sind bemerkenswert. Da die Grundsätze der Genetik und der Tierzucht natürlich auch für die Bienenzucht gelten, kann man auch hier bei verschiedenen Leistungsmerkmalen einen Zuchtfortschritt erwarten. Tierzucht folgt allerdings auch Naturgesetzen, die man nicht umgehen kann. Bei Eigenschaften mit niedriger Erblichkeit (etwa Toleranz gegen Krankheiten) ist bei den zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Ressourcen nur ein geringer Zuchtfortschritt zu erwarten. Tierzucht kann keine Wunder bewirken.

Leistungsentwicklung bei Rind und Schwein 1975-2000 (Zollitsch 2002) sowie Honigbiene 1985-2000 (Biene Österreich)
Merkmal19751985199520001975-2000
Rind (Fleckvieh) – Milchleistung (kg)4.6694.5765.1235.752+23%
Rind (Fleckvieh) – Fettgehalt (kg)194188213239+23%
Schwein (Landrasse) – Rückenspeckdichte (cm)2,62,22,32,3-12%
Schwein (Landrasse) – Karreefläche (cm²)36,650,145,747,7+30%
Honigbiene (Carnica) – Honigleistung (kg)n.b.18,246,648,9+170%*